Fred Wander

Fred Wander

Fred Wander, geboren 1917 in Wien als Fritz Rosenblatt, schlug sich vor der Annexion Österreichs in diversen Berufen in mehreren Ländern durch. Im Mai 1938 gelang ihm die Flucht über die Schweiz nach Paris. Dort wurde er nach Kriegsbeginn als ”feindlicher Ausländer” interniert. 1940 flüchtete er in die nicht-besetzte Zone Frankreichs, nach Marseille. Im September 1942 versuchte er vergeblich, in die Schweiz zu fliehen. Er wurde von der Schweizer Polizei in Ketten der Gestapo ausgeliefert, ins Lager Rivesaltes überstellt und über Drancy nach Auschwitz deportiert, von dort nach Groß-Rosen und Buchenwald, wo er im April 1945 die Befreiung erlebte und nach Wien zurückkehrte. Sein Vater, seine Mutter und seine Schwester Renée wurden 1942 in Auschwitz ermordet.

In Wien arbeitete er als Zeichner, Fotograf, Reporter, Essayist und Feuilletonist für Zeitungen. Auf Einladung des Johannes R. Becher‑Instituts kam Wander 1955 in die DDR. Gemeinsam mit seiner Frau, der aus Wien stammenden Schriftstellerin und Fotografin Maxie Wander, lebte er lange Jahre als freischaffender Schriftsteller, Publizist und Theaterautor in der DDR. 1983 kehrte Wander nach Wien zurück.

"... mein Thema ist das Überleben", schreibt Fred Wander und meint damit nicht einfach die eigene physische Person, sondern den Typus: "den Flüchtling, den Andersartigen und Außenseiter, den Mißachteten und Gehaßten", die besser als die "in der Geborgenheit des Stammes" Ansässigen geeignet sind, "in sich die Menschheit als Ganzes zu erleben."

Der hohe ästhetische Anspruch, "in sich die Menschheit als Ganzes zu erleben", ist ganz besonders in Wanders umfangreichstem Erzählwerk Hôtel Baalbek erfüllt. Der Roman spielt 1940-42 in Marseille, der Stadt der Flüchtlinge in der nicht-besetzten Zone Frankreichs. In Wanders Hôtel Baalbek fließen neue historische Erfahrungen ein, eine neue Perspekti­ve, in der lebendige Gegenwart wird, was am Rande der Vernichtung stand, ja an ihm erst entstand. Wander hat diesen Widerstand gegen das Faktum der Ver­nichtung schon in seiner großen Erzählung Der siebente Brunnen (1971) artikuliert. ”Wenigstens einige Namen aufrufen, einige Stimmen wiedererwecken, einige Gesichter aus der Erinnerung nachzeichnen”, schrieb Christa Wolf 1972 über die Intention des Werkes, das 1972 mit dem Heinrich-Mann-Preis ausgezeichnet wurde.

Fred Wander ist am 10. Juli 2006 in Wien verstorben.


Werke
Der siebente Brunnen. (Erzählung.) Berlin, Weimar: Aufbau 1971. 143 S. (BRD-Ausgabe: Darmstadt: Luchterhand 1985. - Gewidmet "Dem Andenken meiner Tochter Kitty". Erinnerungen an Auschwitz und Buchenwald).
Holland auf den ersten Blick.
Impressionen von einer Autoreise. Leipzig: F.A. Brockhaus 1972. 179 S. (Mit zahlreichen Photos F.W.s).Ein Zimmer in Paris. (Erzählung.) Berlin, Weimar: Aufbau 1976. 175 S.
Josua läßt grüßen. Der Bungalow. Zwei Stücke. Berlin, Weimar: Aufbau 1979. 184 S. (Edition Neue Texte).
Hôtel Baalbek. (Roman.) Berlin, Weimar: Aufbau 1991. 222 S. (Erinnerungen an die Zeit in Marseille, 1940‑42).(Alle drei Bücher wiederaufgelegt: Frankfurt: Fischer-TB 1994).
Das gute Leben. (Erinnerungen.) München, Wien: Carl Hanser 1996. 360S.