Theodor Kramer-Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil 2007 für Jakov Lind
Am 8. September 2006 beschloß der Vorstand der Theodor Kramer Gesellschaft, Jakov Lind den Theodor Kramer Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil 2007 zu verleihen. Er folgte damit dem Vorschlag der Jury (Siglinde Bolbecher, Primus-Heinz Kucher, Eva Schobel, Daniela Strigl).
Der Preis ist mit Euro 7.300,- dotiert und wird vom Land Niederösterreich, der Republik Österreich und der Stadt Wien gefördert.
Die Preisbegründung
Jakov Lind ist als ein geradezu klassischer österreichischer Exilautor anzusehen. Er blickt voll radikaler Skepsis auf das Land, das ihn vertrieben hat, und kann den Blick dennoch nicht wenden. Wie bei kaum einem anderen Autor finden sich im Werk Linds die Erfahrungen der in der Welt umherirrenden Displaced Persons dargestellt. Letztlich bleibt ihm, als Schriftsteller und Person, die Existenz im Zwischenraum, zwischen den Sprachen und Ländern, zwischen Schreiben und Malen, zwischen dem Tragischen und dem Komischen. Jakov Lind hat sich die große Freiheit genommen, die zerreißenden Widersprüche seines Lebens und unserer Zeit ganz offen und ungeschminkt zur Sprache zu bringen.
Jakov Lind-Memorial am 13. März 2007 im Jüdischen Museum Wien
Jakov Lind, der im Sommer 2006 schwer erkrankt war, ist am 16. Februar 2007 in London gestorben. Eine Veranstaltung war bereits als eine Benefiz-Gala für den schwerkranken Jakov Lind geplant und fand als Jakov Lind-Memorial statt.
Werner Hanak und Gabriele Braunsberg-Kanner moderierten, Andrea Eckert, Kirsten Dene und Peter Turrini lasen Texte von Jakov Lind. Georg Stefan Troller überreichte den Theodor Kramer Preis 2007 für Schreiben im Widerstand und im Exil an Jakov Linds Tochter Oona Napier-Lind. Siglinde Bolbecher sprach über die Bedeutung des Preises.
Ausschnitte aus dem Film „Personenbeschreibung: Jakov Lind“ (1972) von Georg Stefan Troller wurden gezeigt, eine Ausstellung von Bildern Jakov Linds - Arbeiten auf Papier - wurde eröffnet.
Kurzbiographie des Preisträgers
Jakov Lind, eigentlich Heinz Landwirth, wurde am 10.2. 1927 in Wien geboren. Er besuchte das Zwi Perez Chajes-Gymnasium und war Mitglied der zionistischen Jugendorganisation „Barak“ (Blitz). Im Dezember 1938 Jahren gelangten er und seine drei Geschwister mit einem Kinderflüchtlingstransport in die Niederlande. Nach der Besetzung der Niederlande durch Hitlerdeutschland heuerte er mit gefälschten niederländischen Papieren unter dem Namen Jan Gerrit Overbeek als Schiffsjunge auf einem Rheinschlepper an und war zuletzt sogar als Kurier einer Abteilung des Reichsluftfahrtministeriums tätig. Seine Eltern konnten 1940 nach Palästina flüchten, wohin ihnen Jakov Lind nach dem Kriegsende nachfolgte. Lind diente in der israelischen Luftwaffe und veröffentlichte eine erste Erzählung („Das Tagebuch des Hanan Malinek“). Neben und vor seiner schriftstellerischen Tätigkeit arbeitete er auch als Fischer, Orangenpflücker, Bauarbeiter, Büroangestellter, Photograph, Privatdetektiv, Presseagent, Zensor, Journalist, Übersetzer, Regieassistent und Filmemacher. 1950-54 besuchte er das Max Reinhardt-Seminar in Wien. Nach Aufenthalten in Amsterdam, Kopenhagen, Stockholm, Paris ließ er sich schließlich in London nieder. Lind stand der Gruppe 47 nahe, schrieb Romane, Theaterstücke, Hör- und Fernsehstücke, seit Ende der 1960er Jahre ausschließlich in englischer Sprache. Wiederholt war er Gastprofessor für Creative Writing an US-amerikanischen Universitäten. Seit Anfang der 1970er Jahre trat er als Zeichner und Aquarellist hervor.
Werke u.a.: Eine Seele aus Holz (Erzählungen, Neuwied 1962); Landschaft in Beton (Roman, Neuwied 1963); Eine bessere Welt (Roman, Berlin 1966.); Ergo. A comedy. (New York 1968; 1997 am Volkstheater, Wien aufgeführt); Selbstporträt (Frankfurt/M. 1969); Numbers. A Further Autobiography (New York, London 1972); Reisen zu den Enu. Die Geschichte eines Schiffbruchs (Wien, Berlin 1983); Der Erfinder. Ein Roman in Briefen (München 1988); Im Gegenwind (Autobiographisch, Wien 1997). – Die autobiographische Trilogie Jakov Linds ist im Wiener Picus Verlag erhältlich (erschienen im Rahmen der Buchreihe „Österreichische Exilbibliothek“
Feierliche Veranstaltung zum Theodor Kramer Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil 2007 an Jakov Lind (1927 - 2007)
Minoritenkirche Krems-Stein, Freitag, 25. Mai 2007
Begrüßung durch Sylvia Treudl und Konstantin Kaiser, Laudatio von Heinz Rudolf Unger, Miguel Herz-Kestranek liest Jakov Lind, Textcollage von Andrea Eckert aus den autobiographischen Büchern. Film von Georg Stefan Troller: „Personenbeschreibung Jakov Lind, Der Außenseiter im inneren Exil“ (ZDF 1972). Ölportrait Jakov Linds von Oscar Bronner, New York, 1980er Jahre.
Die Laudatio von Heinz R. Unger und die Dankesrede von Oona Napier-Lind sind in der Zwischenwelt Nr. 1/2007, September 2007, abgedruckt.