Reihe "anders erinnern"

 

Erika Bezdíčková: Mein langes Schweigen. Mit einem Vorwort von Olga Sommerová und einem Nachwort von Rainer König-Hollerwöger. Aus dem Tschechischen von Pavla Váňová. (Buchreihe anders erinnern, Band 8) Wien: Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft 2013. 124 S. ISBN 978-3-901602-52-8. Euro 12,-.
 
Eindringlich schildert Erika Bezdíčková (geboren 1931), deren Schicksal mit jenen Edith Brucks und Ruth Klügers vergleichbar ist, ihre Erfahrung der Wiederkehr in ein Land, in dem die Ermordeten, Verschleppten, Vertriebenen vielfach nicht vermisst, sondern eher als Störung empfunden werden. Der Besuch in der einstigen Heimatstadt Žilina macht ihr klar, dass sie in der Slowakei, die sich 1939 unter deutschem Schutz und der Führung Jozef Tisos als faschistischer Staat etablierte, keine Bleibe finden könnte. Sie emigriert folglich in den tschechischen Teil der Republik. 

Unter dem 1948 etablierten kommunistischen Regime bleiben antisemitische Diskriminierungen jedoch unter der Hand bestehen und zerstören wiederholt Erikas Versuche, sich ein neues Leben aufzubauen. Der tschechoslowakische Staat, unbeteiligt zwar an den Verbrechen der Schoa, erweist sich als ein Ort der Verdrängung, an dem eine offene Auseinandersetzung mit dem Geschehenen erst nach dem Zusammenbruch der neuen Gewaltherrschaft möglich wird. "Mein langes Schweigen" hatte aber noch einen anderen Grund: Erika Bezdíčková musste durch das Grauen der Schoa und das erlittene Unrecht hindurch erst eine Versöhnung mit sich selbst, mit dem Schuldgefühl der Überlebenden und damit den Zugang zu den Erinnerungen auch an eine unbeschwerte Kindheit finden.

 

Sophie Roth: Für mein Schurlikind. Tagebuch 1940 - 1944
Herausgegeben und kommentiert von Evelyn Adunka.(Buchreihe anders erinnern, Band 7) Wien: Theodor Kramer Gesellschaft 2012. 95 S. ISBN-13 978-3-901602-48-1. Euro 12,-

Sophie Roth (1901-1974), geborene Landau, lebte von 1914 bis 1938 in Wien, zusammen mit ihrem Ehemann Norbert, einem Angestellten und Geschäftsmann, und ihren beiden Söhnen Erwin (geboren 1924) und Richard Georg (genannt Schurli, geboren 1928).  

Im Herbst 1938 erkrankte Richard Georg an Leukämie.  Er starb im Oktober 1939 in Manchester.  Das hier vollständig wiedergegebene Tagebuch beschreibt den dramatischen Kampf um das Leben des Kindes im Wiener Rothschildspital und in Großbritannien, wohin das jüdische Ehepaar im August 1939 flüchtete.  

Es erwähnt auch die Zeitereignisse und wird damit zu einem menschlich und historisch besonders tragischen und ergreifenden Dokument. 

 

T. Scarlett Epstein: Es gibt einen Weg. Eine Jüdin aus Wien
Hg. von Siglinde Bolbecher. Aus dem Englischen von Katharina Laher. (Buchreihe anders erinnern, Band 6) Wien: Theodor Kramer Gesellschaft 2011. 312 S. ISBN 978-3-901602-45-0. Euro 21,-

T. SCARLETT EPSTEIN wurde 1922 als Trude Grünwald in Wien geboren. 1938 mußte die Familie ihr Leben vor den Nazi-Verbrechern retten und floh zuerst nach Jugoslawien, dann nach Albanien und 1939 nach England. Ohne Schulabschluss arbeitete sie jahrelang als Näherin in den Fabriken von Manchester. In Abendkursen bildete sie sich fort und studierte schließlich Entwicklungsökonomie und Anthropologie. Auf diesen Gebieten wurde sie zu einer weltweit anerkannten und ausgezeichneten Pionierin.
In ihrer Autobiographie berichtet Epstein von ihren Erfahrungen als Flüchtling in Zagreb, Durrës, London und Manchester. Sie erzählt von ihrem Streben nach Glück und ihrem erfolgreichen Kampf gegen Krebserkrankungen. Und erzählt von ihrer teilnehmenden Feldforschung in Papua-Neuguinea und in Südindien, von zwischenmenschlichen Beziehungen über Kontinente hinweg und ihren Erfolgen.

 

Gerda Hoffer, Judith Hübner: Zwei Wege ein Ziel –  Zwei Frauenschicksale zwischen Wien und Jerusalem
Hg. von Evelyn Adunka und Konstantin Kaiser (Buchreihe anders erinnern, Band 5) Wien: Theodor Kramer Gesellschaft 2011. 240 S. SBN 978-3-901602-42-9. Euro 21,-

Das Buch zweier Freundinnen, die auf getrennten Wegen nach Jerusalem gelangt sind. Hier wurde Gerda Hoffer zur Schriftstellerin, Judith Hübner schließlich zur Vizebürgermeisterin und Ehrenbürgerin.
Beide wurden 1921 in Wien, vor 1938 eine der Weltmetropolen des jüdischen Lebens, geboren. Gerda wuchs in einem liberalen, linken Umfeld auf, Judith stammt aus einer jüdisch-orthodoxen Kaufmannsfamilie. Beide mussten vor den Nationalsozialisten flüchten. Viele ihrer Freunde und Verwandten, Judiths Eltern und Schwester, Gerdas Jugendliebe wurden ermordet.
In Jerusalem wurden Gerda und Judith Freundinnen. Ihre Erinnerungen berichten von zwei sehr verschiedenen Erfahrungen und einem gemeinsamen Ziel: Jerusalem.

 

Hans Reichenfeld: Bewegtes Exil. Erinnerungen an eine ungewisse Zukunft.
Aus dem Englischen von Katharina und Ludwig Laher. Vorwort von Ludwig Laher.
(Buchreihe anders erinnern, Band 4) Wien: Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft 2010. 240 S.  ISBN 978-3-901602-40-5. Euro 21,-


Das Buch ist das Produkt einer Freundschaft zwischen einem österreichischen Autor und einem Exilierten.

Hans F. Reichenfeld, geb. 1923 in eine jüdische Familie in Wien, wo er 1933-38 das Akademische Gymnasium besuchte, flüchtete
im August 1938 nach Großbritannien. Im Mai 1940 als Enemy alien auf der Isle of Man interniert, wurde er nach Kanada deportiert, durfte
aber 1941 nach Großbritannien zurückkehren. Aktivist von Young Austria, meldete er sich 1944 freiwillig zur Royal Air Force.
1947-52 studierte er Medizin in London und praktizierte als Allgemeinmediziner in Birmingham. 1966 übersiedelte er mit seiner Familie nach Kanada.
1972 schloß er die psychiatrische Fachausbildung in Ottawa ab, wo er bis heute als Psychiater und Universitätslehrer lebt.
Sein Spezialgebiet ist die geriatrische Psychiatrie.

Ludwig Laher, geb. 1955 in Linz, studierte Germanistik, Anglistik und Klassischen Philologie, Universitätslehrer, Übersetzer und Autor,
lebt in Sankt Pantaleon (Oberösterreich), erhielt zahlreiche Literaturpreise und Stipendien.
Schreibt Prosa, Lyrik, Essays, Hörspiele, Hörbilder, Drehbücher sowie wissenschaftliche Texte.

 

Nahid Bagheri-Goldschmied: Chawar. Roman.

Aus dem Persischen von der Autorin. (Buchreihe anders erinnern, Band 3) 
Wien: Theodor Kramer Gesellschaft 2009. 147 S. ISBN 978-3-901602-21-4. Euro 18,-


In dem Roman beschreibt die Autorin aus eigenem Erleben die Kindheit des Mädchens Chawar in einer wohlhabenden Teheraner Familie, 
in der die traditionellen Anmaßungen eines religiös verbrämten Patriarchats mit neuen Lebensansprüchen und Ansichten teils stumm nebeneinander herlaufen, 
teils heftig und mit tragischen Auswirkungen zusammenstoßen. Dem Streben nach moderner Bildung steht das Festhalten am Überlieferten gegenüber. 
Die Familie spiegelt den so-zialen und kulturellen Zustand des Iran im Ausgang der Periode der Schah-Herrschaft.
Das Mädchen Chawar gerät als Studentin und danach als Lehrerin in einen immer tieferen Konflikt zuerst mit dem Schah-Regime, 
dann aber mit der neu errichteten „Islamischen Republik“ und den deren Doktrin terroristisch durchsetzenden Revolutionswächtern. 
Chawars Geliebter wird ermordet, und ihr selbst bleibt nach monatelanger Haft und Folterung nur mehr die rasche Flucht ins Ausland.
Der Roman ermöglicht ein Verständnis der Vorgänge im heutigen Iran, von innen her schildert die Niederlage der verschiedenen linksgerichteten und laizistischen Parteien und Strömungen im Iran. 
Der Roman ist im Exil in Österreich entstanden und beschreibt indirekt auch die Differenz zwischen den Zuständen in Österreich, und dem, was im Iran zu unserer Zeit möglich war und ist.

 

Isaak Malach: Isja, ein Kind des Krieges. Eine Erinnerung. Nachwort von Veronika Seyr. Deutsche Bearbeitung von Konstantin Kaiser in Zusammenarbeit mit dem Autor und Emilia Malach. (Buchreihe anders erinnern, Band 2)Wien: Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft 2009. 175 S. ISBN 978-3-901602-35-1. Euro 18,-

Isaak Malachs Kindheitserinnerungen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges führen in eindringlicher Weise vor Augen, was Millionen Flüchtlinge, die aus den von Nazideutschland eroberten Gebieten evakuiert wurden, innerhalb der Sowjetunion zu erleiden hatten, wobei besonders die russischen Juden betroffen waren. Es ist dies ein für viele unbekanntes Kapitel unserer Geschichte. Isaak Malach, geb. 1936 in Tschudnow (Ukraine), besuchte das Polytechnikum in Lvov (Lemberg), wo er 35 Jahre als Ingenieur tätig war. Isaak Malach lebt mit seiner Frau, einem Sohn und einer Tochter seit 1992 in Wien. Zwei weitere Kinder leben jetzt in den USA. Malach war beim Jüdischen Museum der Stadt Wien beschäftigt. Gedichte schreibt Malach seit seiner Kindheit. Erste Verse wurden in der "Pionierzeitung" veröffentlicht; seitdem sind viele seiner Gedichte in Zeitschriften erschienen. Malach veröffentlichte u.a. in russischer Sprache: Der Weg nach Auschwitz (Essay, 1968); Warschauer Melodien (Gedichte, 1969). Malachs literarisches Archiv ging bei seiner Auswanderung aus der Sowjetunion verloren. In Wien vollendete er die autobiographische Erzählung "Isja, ein Kind des Krieges". Malach, seit 1998 österreichischer Staatsbürger, komponiert auch selber, so eine "Neue Wiener Hymne" und das Lied "Wir Menschen auf Erden".

 

 

 

 

Claire Felsenburg: Flüchtlingskinder. Erinnerungen. Vorwort von Elfriede Jelinek. (Buchreihe anders erinnern, Band 1) Wien: Theodor Kramer Gesellschaft und Aktionsradius Augarten 2002. 196 S. ISBN 978-3-901602-17-7, Euro 18,-

Das Buch bietet einen seltenen Einblick in das Leben von Zehntausenden, die im Ersten Weltkrieg aus den von russischen Truppen bedrohten oder besetzten Gebieten der Donaumonarchie nach Wien flohen, hier in großem Elend lebten, Gegenstand antisemitischer Hetze wurden, schwer nur Gewißheit über ihre Zukunft erlangen und dennoch neue Lebensfreude und Lebensmut entwikkeln konnten.  - Claire Felsenburg, geb. 1911 in Lemberg, flüchtete 1914 mit den Eltern nach Wien, in der Brigittenau besuchte sie die Schule besuchte. 1938 floh sie gemeinsam mit ihrem Mann Walter vor den Nazis.